Auszubildende: Das sind Ihre Rechte und Pflichten

07.06.2021. Arbeitszeit, Probezeit, Vergütung, Urlaub, Lern- und Sorgfaltspflicht und nicht zuletzt das Zeugnis. ARAG-Experten geben einen Überblick über die Rechte der Auszubildenden – und ihre Pflichten.

Wie lange dürfen Azubis arbeiten?

Im Ausbildungsvertrag wird die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit festgelegt. Was darüber hinaus geht, sind Überstunden, die nur in besonderen Ausnahmefällen anfallen dürfen. Für die Arbeitszeit gelten für Jugendliche unter 18 Jahren Einschränkungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz. So dürfen sie nur an fünf Tagen in der Woche beschäftigt werden. Am Samstag ist die Beschäftigung nur in bestimmten Wirtschaftsbereichen erlaubt. Mindestens zwei Samstage im Monat sollen beschäftigungsfrei bleiben. Nur in sehr wenigen Wirtschaftsbereichen ist eine Beschäftigung am Sonntag zulässig.

Grundsätzlich gilt: Jugendliche dürfen nicht mehr als acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden. Jugendliche unter 16 Jahren dürfen nur in der Zeit von sechs bis 20 Uhr beschäftigt werden; ab dem 16. Geburtstag können je nach Branche Ausnahmen gelten.

Welche Pausenregelung gilt für Azubis?

Auch Azubis haben ein Recht auf Pausenzeiten, über die sie frei verfügen können. Minderjährige müssen bei einer Arbeitszeit von mehr als viereinhalb bis zu sechs Stunden mindestens eine halbe Stunde Pause machen. Arbeiten sie mehr als sechs Stunden, beträgt die Pause eine Stunde. Bei volljährigen Azubis ist eine halbe Stunde Pause bei sechs bis neun Stunden Arbeitszeit vorgesehen und 45 Minuten bei mehr als neun Stunden Arbeit.

Welche Aufgaben sind erlaubt?

Azubis haben darüber hinaus ein Recht auf eine ordentliche Ausbildung, mit der sie den Lehrberuf später ausüben können. Erlaubt sind daher nur dem Ausbildungszweck dienende Aufgaben, die die körperlichen Kräfte nicht übersteigen. Der Einsatz als Ersatz für andere Arbeitnehmer ist nach strenger Auslegung dieser Regelung nicht gestattet.

Wozu gibt es eine Probezeit?

In der Probezeit können Ausbildungsbetrieb und Azubi prüfen, ob sich die Ausbildungsziele gemeinsam erreichen lassen. Auszubildende finden heraus, ob der Beruf ihren Vorstellungen entspricht und wie gut er sich im gewählten Betrieb erlernen lässt. Arbeitgeber erfahren, ob der Azubi die beruflichen Grundanforderungen erfüllt. In der Probezeit darf der Ausbildungsbetrieb dem Azubi jederzeit und grundlos kündigen. Die Kündigung muss der Auszubildende aber spätestens am letzten Tag der Probezeit erhalten. Sonst kommt sie zu spät und der Betrieb kann nur noch aus einem wichtigen Grund kündigen.

Laut dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) muss die Probezeit zwischen einem und vier Monaten betragen, kann aber innerhalb dieses Rahmens individuell festgelegt werden. Grundsätzlich erlaubt es das BBiG nicht, die Probezeit über die maximalen vier Monate hinaus zu verlängern. Ausnahmen sind laut den Experten jedoch zulässig, wenn die Ausbildung zu mehr als einem Drittel der vereinbarten Probezeit ruht, beispielsweise krankheitsbedingt.

Was passiert bei unentschuldigtem Fehlen?

Sollte der Azubi unentschuldigt fehlen, muss er mit einer Abmahnung rechnen. Wenn sich das Verhalten wiederholt, kann es einen Grund für eine Kündigung darstellen.

Wer bezahlt die Materialien und Kleidung?

Alle Materialien, die ein Azubi für die Ausbildung braucht – also alle Arbeits- bzw. Ausbildungsmittel – muss der Arbeitgeber kostenlos zur Verfügung stellen. Dazu gehören zum Beispiel Werkzeuge, Werkstoffe, Fach- und Tabellenbücher, Berichtshefte, Zeichen- oder Schreibmaterial. Seit Januar 2020 gehört auch explizit Fachliteratur dazu.

Bei der Kleidung unterscheidet man zwischen Arbeits- und Berufskleidung sowie der Dienst- und Schutzkleidung. Normale Arbeits- oder Berufskleidung sind beispielsweise Oberhemd und Krawatte in der Bank, weiße Kleidung beim Bäcker oder eine schwarze Schornsteinfegermontur. Für diese Kluft muss der Azubi selbst aufkommen, sofern ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung dies nicht anders regelt. Ist aber eine bestimmte Art Kleidung vorgeschrieben, etwa für ein einheitliches Erscheinungsbild des Unternehmens, oder hat die Kleidung gleichzeitig eine Schutz- oder Hygienefunktion, muss in der Regel der Betrieb die Kosten übernehmen. Ist die Kleidung auch freizeittauglich, kann der Azubi an den Kosten beteiligt werden.

Was gehört zur Ausbildungsvergütung?

Der Ausbildungsbetrieb muss den Auszubildenden angemessen bezahlen. Die tariflichen Ausbildungsvergütungen fallen je nach Branche und Ausbildungsjahr jedoch sehr unterschiedlich aus. Die Ausbildungsvergütung muss aber jährlich ansteigen. Die Höhe der Ausbildungsvergütung wird für die unterschiedlichen Ausbildungsjahre im Ausbildungsvertrag ausgewiesen. Außerdem wird geregelt, wann die Ausbildungsvergütung gezahlt wird, also zum Beispiel, ob am Ende oder in der Mitte des Monats.

Wie hoch ist die Arbeitsvergütung?

Seit Januar 2020 gilt laut BBiG eine Mindestvergütung für Auszubildende. In 326 Ausbildungsberufen dürfen nun keine Löhne unter dem Mindestlohn für Auszubildende ausgezahlt werden. Dieser Mindestlohn ist nach Ausbildungsjahren gestaffelt: Ein Azubi im zweiten Ausbildungsjahr bekommt 18 Prozent mehr als sein Kollege im ersten Jahr. Im dritten Ausbildungsjahr sind es 35 Prozent und im vierten Ausbildungsjahr sogar 40 Prozent mehr. Bis 2023 wird der Mindestlohn für Azubis schrittweise erhöht, ab 2024 passt sich die Höhe an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen an. Seit 2021 erhalten Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr 550 Euro, 2022 gibt es bereits 585 Euro und 2023 beträgt der Mindestlohn 620 Euro brutto pro Monat.

Wie viel Urlaub bekommen Azubis?

Jeder braucht mal eine Pause und auch Auszubildende haben Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Das Jugendarbeitsschutzgesetz unterscheidet den Urlaubsanspruch nach Alter. Ist der Auszubildende zu Beginn des Kalenderjahres jünger als 16 Jahre, gibt es mindestens 30 Werktage Urlaub. Ist er jünger als 17 Jahre, gibt es mindestens 27 Werktage Urlaub und ist er jünger als 18 Jahre, sind es mindestens 25 Werktage Urlaub im Jahr. Ab der Volljährigkeit gilt für ihn das Bundesurlaubsgesetz. Er zählt dann als normaler Arbeitnehmer und bekommt bei einer Sechs-Tage-Woche 24 Werktage – also mindestens vier Wochen bezahlten Urlaub pro Jahr.

Was lernt man in der Berufsschule?

In der Berufsschule erwerben Auszubildende wichtige theoretische Kenntnisse für ihre Berufspraxis. Zudem wird auch die Allgemeinbildung mit Fächern wie etwa Deutsch, Englisch oder Politik und Wirtschaft gefördert. Daher müssen Auszubildende für den Unterrichtsbesuch vom Betrieb freigestellt werden (Paragraf 15 BBiG). Gleichzeitig sind Azubis aber verpflichtet, am Unterricht teilzunehmen (Paragraf 15 und 14 BBiG).

Auch wenn Fahrtkosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder gar einem eigenen Fahrzeug ein Loch in die ohnehin nicht prall gefüllte Azubi-Kasse reißen können: Der Chef muss weder für Fahrten zur Berufsschule noch in den Betrieb aufkommen. Eine Ausnahme kann bestehen, wenn tariflich eine Fahrtkostenerstattung vereinbart wurde oder der Arbeitgeber auf eine andere Berufsschule besteht, die weiter entfernt ist. Außerdem können die Fahrtkosten zum Ausbildungsbetrieb über die Pendlerpauschale und die Kosten für die Fahrt zur Berufsschule als Reisekosten in der Steuererklärung geltend gemacht werden.

Sind Körperschmuck und Tattoos erlaubt?

Laut den Experten darf es zwar in keinem Arbeitsvertrag stehen, aber grundsätzlich darf der Chef vorschreiben, ob und in welchem Maße Piercings und Tattoos erlaubt sind. Ein Verbot muss er allerdings begründen. Ein Grund kann Seriosität im Kundenverkehr in einer Bank sein oder ein gepflegtes Äußeres bei einem Flugbegleiter. Insbesondere bei Tattoos, die bei sommerlich kurzer Kleidung sichtbar sind, sollten Azubis bereits beim Bewerbungsgespräch darauf hinweisen und das Thema offen ansprechen, auch wenn der künftige Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch nicht direkt danach fragen darf.

Der Ausbildungsvertrag

Einige wichtige Informationen gehören in den Ausbildungsvertrag: Probezeit, Arbeitszeit, Vergütung, Urlaub und Pflichten des Azubis. Außerdem müssen Ausbildungsdauer und Ausbildungsort in den Vertrag aufgenommen werden. Wenn der Azubi jünger als 18 Jahre ist, bedarf der Vertrag der Unterschrift eines gesetzlichen Vertreters. Azubis können ihren Vertrag natürlich auch selber kündigen.

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