Schon mit 50 zu alt zum Auto fahren?

Foto: AXA

23.11.2018. In einigen europäischen Ländern müssen sich Autofahrer ab einem gewissen Alter regelmäßig einer Fahrtauglichkeitsuntersuchung unterziehen, wenn sie ihren Führerschein behalten wollen. In Deutschland gibt es diese Pflicht nicht. Allerdings können die Behörden auch hierzulande Senioren zur Untersuchung auffordern, wenn der Verdacht besteht, dass sie im Straßenverkehr nicht mehr sicher unterwegs sind. Was ältere Autofahrer in diesem Fall beachten müssen und welche Konsequenzen eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung haben kann, erklären die Experten der Deutschen Anwaltshotline.

Führerschein ein Leben lang

Wer die Führerscheinprüfung einmal bestanden hat, darf in Deutschland Auto fahren, solange er es sich zutraut – oder bis etwas passiert und die Behörde seine Fahrtauglichkeit anzweifelt. Erst dann kann eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung angeordnet werden. Besteht der Autofahrer die nicht, ist der Führerschein weg. Allein das Alter ist in Deutschland allerdings kein Anlass für diese Untersuchung.

Das sieht in anderen europäischen Ländern anders aus. So müssen Autofahrer zum Beispiel in Spanien, England, der Schweiz, den Niederlanden oder in Griechenland ab einem gewissen Alter regelmäßig nachweisen, dass sie noch fit genug sind, um am Straßenverkehr teilzunehmen. Nur wenn dieser Nachweis gelingt, können sie ihren Führerschein verlängern lassen. In den meisten Ländern müssen sich Autofahrer erst ab 70 oder 75 Jahren diesen Tests stellen. In Italien dagegen muss der Führerschein schon ab dem 50. Lebensjahr alle fünf Jahre verlängert werden - und wird nur nach einem erfolgreichen medizinischen Test neu erteilt. In Deutschland wird ein Vorgehen wie dieses immer mal wieder diskutiert, findet aber weder in der Politik noch unter Verkehrsexperten viele Anhänger. Und das aus gutem Grund: Auch wenn Senioren Unfälle häufiger verursachen als andere Bevölkerungsgruppen, sind sie gemessen an der Gesamtbevölkerung doch eher selten in schwere Unfälle verwickelt. Sie fahren seltener, aber oft auch vorsichtiger und vorausschauender als junge Autofahrer.

Auch wenn die meisten Führerschein-Inhaber in Deutschland ein Leben lang Auto fahren dürfen, ohne sich zwischendurch einer Tauglichkeitsuntersuchung zu unterziehen, gibt es Ausnahmen: Wer als Berufskraftfahrer LKW oder Bus fährt, muss sich ab dem 50. Lebensjahr regelmäßig ärztlich untersuchen lassen. Nur bei bestandener Untersuchung wird der entsprechende Führerschein der Klassen C oder D verlängert. Das gilt insbesondere für die Personenbeförderung.
Trotzdem: Im Alter können Beweglichkeit, Sehkraft, Hörvermögen und Reaktionsfähigkeit nachlassen und das wird im Straßenverkehr schnell zu einem gefährlichen Problem. Wer auffällt, bekommt unter Umständen Post von der Führerscheinbehörde – zum Beispiel, weil er häufig Fehler beim Abbiegen macht, die Spur nicht mehr richtig halten kann, zu langsam auf der Autobahn unterwegs ist oder Unfälle verursacht. Sie werden dann zu einer sogenannten Fahrtauglichkeitsuntersuchung aufgefordert.

Was ist eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung und wer kann sie anordnen?

Üblicherweise ordnen die sogenannten Fahrerlaubnisbehörden, besser bekannt als Führerscheinstellen, eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung an. Das passiert immer dann, wenn der begründete Verdacht besteht, dass ein Autofahrer nicht mehr sicher am Straßenverkehr teilnehmen kann.
In solchen Fällen laden die Behörden den Fahrer in der Regel erstmal zu einem Gespräch, um zu klären, ob der Verdacht überhaupt berechtigt ist. Bleiben Zweifel an der Fahrtüchtigkeit, müssen Autofahrer sich von einem bestimmten Arzt untersuchen lassen – das können Amtsärzte sein, aber auch Berufs- oder Arbeitsmediziner. Das regeln §§ 11 und 46 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (FeV). Wichtig: Sie dürfen die Untersuchung nicht bei Ihrem Hausarzt durchführen lassen.

Was genau bei der Fahrtauglichkeitsuntersuchung überprüft wird, hängt vom Einzelfall ab. Seh-, Hör- und Reaktionsvermögen und die körperliche Beweglichkeit werden aber in den meisten Fällen getestet. Der Arzt oder die Führerscheinstelle können zusätzlich die Erstellung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anfordern.

Was passiert, wenn ich laut Untersuchung nicht mehr fahrtauglich bin?

Kommt der Arzt zur Einschätzung, dass Sie tatsächlich nicht mehr in der Lage sind, sicher ein Auto zu führen, gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Die Führerscheinstelle entzieht Ihnen den Führerschein. In diesem Fall müssen Sie die Fahrerlaubnis dauerhaft abgeben und dürfen nicht mehr Auto fahren.
- Die Führerscheinstelle schränkt Ihre Fahrerlaubnis ein. In diesem Fall dürfen Sie nur noch Auto fahren, wenn Sie bestimmte Auflagen erfüllen. Hat Ihre Sehkraft stark nachgelassen, kann es zum Beispiel sein, dass Sie nur noch mit Brille Auto fahren dürfen. Diese Auflagen werden in den Führerschein eingetragen. Dafür müssen Sie ihn innerhalb einer bestimmten Frist bei der Führerscheinstelle vorlegen.

Sie können gegen den Bescheid der Führerscheinstelle Widerspruch einlegen – zum Beispiel, wenn der Führerschein entzogen wird. „Allerdings hat der Widerspruch in diesem Fall keine aufschiebende Wirkung. Sie müssen den Führerschein trotzdem erstmal abgeben und dürfen nicht Auto fahren, bis endgültig über das Verfahren entschieden ist“, erklärt Gerd Achim Klöß, Kooperationsanwalt der Deutschen Anwaltshotline AG (telefonische Rechtsberatung unter 0900/1875000-0 für 1,99 Euro pro Minute).

Wie kann ich eine Fahrtauglichkeitsuntersuchung positiv beeinflussen?

Bekommen Sie eine Aufforderung zur Fahrtauglichkeitsuntersuchung, sollten Sie zunächst ehrlich prüfen, ob diese berechtigt sein könnte: Fühlen Sie sich als Autofahrer zunehmend unsicher und überfordert? Leiden Sie unter Krankheiten, die Ihr Hör- und Sehvermögen stark einschränken oder Sie zum Beispiel am Schulterblick hindern? Nehmen Sie Medikamente, die Ihr Reaktionsvermögen beeinträchtigen können? Schätzen Freunde und Verwandte Sie als fahruntauglich ein? Oder hat Ihr Hausarzt bereits dazu geraten, das Auto künftig stehen zu lassen?

Wenn Sie diese Fragen mit „Ja“ beantworten, besteht die Gefahr, dass die Fahrtauglichkeitsuntersuchung tatsächlich zu Ihren Ungunsten ausfällt. In diesem Fall kann es ratsam sein, den Führerschein freiwillig abzugeben. „Tun Sie das nicht und lassen es auf die Untersuchung und ein Verfahren ankommen, müssen Sie auch die Kosten dafür tragen“, ergänzt Gerd Achim Klöß, Kooperationsanwalt der Deutschen Anwaltshotline AG.

Fühlen Sie sich aber fit und gesund genug, um weiter Auto zu fahren, können Sie Maßnahmen ergreifen, um die Einschränkungen des Alters auszugleichen. Technische Hilfsmittel wie Einparkhilfen und Spurhalteassistenten unterstützen Sie im Auto, Fahrsicherheitskurse und bestimmte Computerspiele und Gehirntrainings schulen Reaktionsvermögen, Aufmerksamkeit und Konzentration.

Wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie noch Auto fahren oder den Führerschein lieber abgeben sollten, kann ein freiwilliger Fahrfitness-Test für Klarheit sorgen. Automobilclubs, aber auch der TÜV und einzelne Fahrschulen, bieten solche Tests für ältere Autofahrer an.

Was muss ich bei Reisen ins Ausland beachten?

Im EU-Ausland und Ländern, die dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehören, können Sie mit Ihrem deutschen Führerschein Auto fahren – auch dann, wenn das Land eigentlich Altersgrenzen vorsieht. Aber Vorsicht: Wollen Sie dauerhaft in ein anderes EU-Land umziehen, zum Beispiel weil Sie das Alter lieber im Warmen genießen wollen, kann es sein, dass Sie Ihren Führerschein umtauschen oder zumindest anerkennen lassen müssen. In diesem Fall greifen nationale Bestimmungen. Das kann bedeuten, dass Sie sich einer Fahrtauglichkeitsuntersuchung unterziehen müssen, bevor Ihr Führerschein anerkannt wird.

Verreisen Sie in ein Land, das nicht der EU angehört, gibt es keine allgemeingültigen Regelungen mehr. Um eine böse Überraschung zu vermeiden, sollten Sie sich vor Reiseantritt informieren, ob Sie in Ihrem Urlaubsland selbst Auto fahren dürfen. Unter Umständen brauchen Sie dafür zusätzlich zu Ihrem deutschen auch einen internationalen Führerschein, der an bestimmte Auflagen geknüpft sein kann.

Genau hinschauen sollten Sie auch, wenn sie planen, im Urlaubsland einen Mietwagen zu buchen. Je nach Verleihfirma gibt es unter Umständen ein Miethöchstalter. Das bedeutet, dass Sie ab einem gewissen Alter keinen Mietwagen mehr bekommen.

Haften meine Kinder oder mein Partner, wenn sie mich ins Auto steigen lassen, obwohl sie mich für fahruntauglich halten?

Ihre Familie ist nicht verpflichtet, der Führerscheinstelle zu melden, wenn sie Sie für nicht mehr fahrtauglich hält. Ausnahmen gibt es hierbei nur, wenn ein Gericht Sie unter Betreuung gestellt hat. Als Betreuer kommt sowohl ein Fremder, also ein professioneller Betreuer, infrage als auch ein Familienangehöriger. Je nachdem, welche Pflichten ihm übertragen werden, kann er nur für Ihre Gesundheit oder Ihre Finanzen verantwortlich sein oder für jede Ihrer Handlungen. In diesen Fällen ist es möglich, dass der Betreuer beantragt, dass Ihnen die Fahrerlaubnis entzogen wird, wenn er Sie für nicht mehr fahrtauglich hält. Die Entscheidung fällt aber auch in diesem Fall die Fahrerlaubnisbehörde nach einer entsprechenden Untersuchung.

Achtung, die Sachlage ändert sich, wenn es um Ihren Arzt geht. Zwar darf er niemandem Auskünfte über Ihren Gesundheitszustand geben, solange Sie ihn nicht von der Schweigepflicht entbinden. Es gibt aber eine Ausnahme: „Unter sogenannten Notstandsgesichtspunkten darf der Arzt seine Schweigepflicht brechen, um die Führerscheinstelle über eine Fahruntauglichkeit zu informieren“, erklärt Gerd Achim Klöß, Kooperationsanwalt der Deutschen Anwaltshotline AG. Das ist aber an strenge Bedingungen geknüpft. Der Arzt muss Sie vorher umfassend über Ihre Diagnose und die resultierende Fahruntauglichkeit aufgeklärt und das auch schriftlich dokumentiert haben. Nur wenn Sie danach trotzdem weiter Auto fahren wollen, kann er die Führerscheinbehörde kurz und knapp informieren. Das geht zum Beispiel aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes hervor (Az. VI ZR 168/67). Welche Erkrankungen dafür sorgen, dass Sie aus der Sicht der Führerscheinstellen nicht mehr Auto fahren dürfen, ist unter anderem in den Anlagen 4, 5 und 6 zur FeV aufgeführt.

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